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EATAW – Conference 23

„Writing technology, thinking, and learning – What tutoring, teaching, and learning of writing mean in a digitalized university”

Alles gut. Alles schlecht.
Zwischen Chance und Gefahr polarisiert Künstliche Intelligenz atemberaubend schnell.

KI ist in aller Munde. In der Schreibwelt rütteln LLM’s (Large Language Models) wie ChatGPT etc. an den Grundfesten von Überzeugungen. Chancen und Gefahren für den Schreibprozess liegen unmittelbar nebeneinander. Es erscheint leicht, sich Texte generieren zu lassen, sich „Arbeit“ abnehmen zu lassen und Abkürzungen zu nehmen. Besonders spannend ist das im Feld des akademischen Schreibens, wo die vermeintliche „Arbeitserleichterung“ schnell die akademische Integrität in Frage stellt. Von Institutionen, Lehrenden und Studierenden gleichermaßen.

In diesem interessanten Spannungsfeld fand die Konferenz der EATAW (European Association for Teaching of Academic Writing) in Winterthur statt. Ich habe tolle Persönlichkeiten getroffen, erstaunliche Erfahrungsberichte gehört und richtungsweisende Veränderungen für den Schreibprozess wahrgenommen. Auch viele Fragezeichen hab ich gesehen und sehr viel Offenheit beobachtet, diesen Veränderungen zu begegnen. Obwohl das Thema polarisiert, war die Atmosphäre wohlwollend – gemeinsam war man auf dem Weg, Orientierung in diesem spannenden neuen Feld zu finden.

Gedankenanstöße

Das waren für mich die spannendsten Themen, die mich zu weiteren Nachforschungen und Auseinandersetzungen anregten :

  • Der technische Hintergrund der Maschine selbst ist faszinierend. Dass die Maschine selbst nicht intelligent sei, ist die eine Sache. Die andere, dass wir wenig wissen darüber, warum sie so schnell lernt. Eine Erklärung, warum die LLMs wie ChatGPT beispielsweise bei der Angabe von Quellen halluzinieren und Fakten stets einer Überprüfung unterzogen werden sollten, hängt mit der Tatsache zusammen, dass vereinfacht formuliert, der dahinterstehende Algorithmus die größtmögliche Wahrscheinlichkeit ausrechnet, welcher Buchstabe an den vorigen angereiht werden müsste. Das funktioniert erstaunlich gut und zunehmend besser, in manchen Bereichen aber gar nicht und stiftet dann Unsinn. Einig war man sich allerdings auch, dass die Möglichkeiten dieser technologischen Entwicklung noch lange nicht ausgeschöpft sind.
  • Eine Maschine kann nur aus den Daten, die eingespeist worden sind, etwas ausgeben. Das Trainingsmaterial der Maschinen ist somit entscheidend. Die EU versucht in ihrem AI Act eine Offenlegung der Datengrundlage zu erwirken. Es wird für den Verwendungszweck der LLMs von essentieller Bedeutung sein, zu wissen, auf welche Daten wir uns bei der Verwendung von KI-basierten Tools verlassen. Es wird, so hoffe ich, den Gebrauch der LLMs relativieren, um Inhalte zu erzeugen, die Wissen vermitteln sollen. Das ständige Reproduzieren von Inhalten in LLMs führt unweigerlich zu einem Wissensverlust der Zivilisation, so die Befürchtung.
  • Werkzeug oder Quelle? Sehr ablehnend war die akademische Schreibwelt gegenüber der anfänglichen Idee, der AI eine Autorenrolle zukommen zu lassen. Die Frage nach der Authentizität von Texten, der Verantwortung für das eigene Textprodukt und der „richtige“ Umgang mit LLMs wirft mehr Fragen auf, als es derzeit Antworten gibt.
  • Die Universitäten sind weltweit bemüht, einen Umgang mit KI-basierten Maschinen zu finden und für die akademischen Verwendungszweck Richtlinien zu entwerfen. Der Spannungsbogen reicht vom Verbot bis zur Integration in den Arbeitsprozess. Mir persönlich liegt die Haltung der Integration näher, sofern sie achtsam und reflektiert stattfindet. Verantwortungsbewusstsein und akademische Integrität werden unter anderem Werte sein, über die in der Wissenschaftswelt wieder deutlicher gesprochen werden muss.
  • Aus den Erfahrungsberichten der Lehrenden nehme ich für mich mit, dass im Arbeitsprozess dem Dialog zwischen den Schreibenden und den Betreuenden eine größere Bedeutung zukommen sollte. Diese zeitintensive Ebene der persönlichen Betreuung ist entscheidend für den reflektierten Umgang mit LLMs und den Lernprozess an sich. Diese menschliche Komponente können die beziehungsunfähigen LLMs und KI-basierte Maschinen nicht bieten.
  • Menschliche Fähigkeiten zu schärfen und wieder stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken wird eine der zentralen Herausforderung der Bildungswissenschaften sein. Die Erfindung der LLMs wurde an der einen oder anderen Stelle mit der Erfindung des Taschenrechners verglichen. Obwohl wir die zeitersparenden Vorteile eines Taschenrechners zur Verfügung haben, müssen dennoch alle Schüler die Grundrechnungsarten beherrschen. Genauso wird es mit der Schreib- und Lesekompetenz sein. Ein fundiertes Sprachverständnis ist wichtiger denn je, besonders die Grammatikkenntnis, die Wissen über die feinen Unterschiede der Position von Wörtern und Satzkonstruktionen genauso vermittelt wie Fragetechniken.
  • Von den verschiedensten Seiten gab es ein Plädoyer für das Schreiben an sich. Schreiben als menschliche Stärke, als Errungenschaft, Werkzeug zur Wissensgewinnung, als Lern-, Lehr- und Denkmethode. Das ist eine starke Botschaft.
  • Vielleicht schreibt eine Maschine schneller. Sie tut es mitunter in Sekundenschnelle, doch die Schreibkompetenz liegt immer noch bei uns Menschen. Das ist eine unserer kulturellen Errungenschaften, die wir nicht abgeben dürfen.
  • Plagiate und andere findige Formen der Abkürzung in der akademischen Lehre müssen verantwortungsvoll aufgezeigt und hinterfragt werden. Darin liegt eine Chance, denn sobald nicht mehr eindeutig unterschieden werden kann, ob ein Mensch oder eine Maschine einen Text geschrieben hat, stößt die derzeitige Benotung von Textprodukten an ihre Grenzen. Es eröffnen sich neue Möglichkeiten, den individuellen Lernprozess als solchen genauer zu betrachten und beurteilen. Wir dürfen mit Spannung die Entwicklungen verfolgen.

Das waren nur einige wenige Ausschnitte der vielen Fragen und Themen, die bei der EATAW Konferenz 2023 in Winterthur aufgeworfen wurden. Optimistisch stimmt die Atmosphäre der Konferenz. Die führenden Wissenschaftler:innen befinden sich im intensiven Austausch, im länderübergreifenden Dialog, arbeiten an tollen Forschungsprojekten und tragen mit ihrer Forschung wesentlich dazu bei, dass wir mit LLMs einen Umgang finden, der das Gute stärkt und das Nachteilige guten Grundes weglässt.

Dennoch verursachen die rasante technologische Entwicklung und die vielseitigen Einsatzbereiche von KI-basierten Maschinen ein mulmiges Gefühl. Wir erleben einen historischen Moment, in dem unsere Antriebskraft weniger darin liegen sollte, darüber nachzudenken, was alles noch möglich ist, sondern was sinnvoll für die Menschheit ist.

tigerDOTS wird einen offenen Raum der Diskussion, des Ausprobierens, des Erkundens von LLMs im Schreibprozess anbieten und davon berichten.

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Stefanie Schurich: schreibt, schrieb, hat geschrieben Schon in meiner Schulzeit hatte ich den Traum, zu schreiben. Egal ob als Schriftstellerin, Journalistin oder Wissenschaftlerin – wichtig war mir immer, meine Gedanken mit Stift und Papier festzuhalten. Meine Schulbücher waren vollgekritzelt mit Notizen und Ideen, meine Tagebücher stapeln sich kistenweise und meine…

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